Dienstag, 7. November 2017

Korsika 2017 - Erster Teil

Text: Eva Irmler
Fotos: Günter Schmidt


Wieso Korsika?

Für diesen Herbst hatten wir uns fest vorgenommen, endlich mal wieder einen richtigen Bergurlaub in den Alpen zu verbringen. Berge an und knapp über der 4000-Meter-Marke, wie Piz Palü und Gran Paradiso waren angedacht und auch das Zeitfenster zwischen dem 15.September und 3. Oktober war schon fest.

Doch dann gab es Anfang September einen Kälteeinbruch, der in den Alpen bis weit herunter Neuschnee brachte, und auch die weiteren Aussichten waren alles andere als rosig.

Es musste also kurzfristig ein lohnendes Alternativziel her.

Korsika hatte uns schon früher mit seiner vielseitige Landschaft fasziniert, und dadurch dass man hier, wenn man es darauf anlegt, beides am selben Tag haben kann: Gebirge und Meer.

Stürmische Begrüßung: vor Bastia - 2013 

Kontrastprogramm - auch so kann Korsika sein.
Am Ninosee - Osterferien 2001

In der fraglichen Zeit war für die Insel allerbestes Herbstwetter angesagt, da fiel uns die Entscheidung leicht, zumal wir hier sowieso noch einige „Rechnungen“ offen hatten: Unser letzter Aufenthalt dort vor knapp 4 Jahren hatte unter einem ganz besonders unseligen Stern gestanden, uns beiden angerissene Bänder und zuletzt noch eine Autopanne beschert.

Austausch der Wasserpumpe im Hafen von Vado Ligure - 2013

Mit dem Wandern war es damals also nicht weit her gewesen und das sollte nun unbedingt nachgeholt werden.

Da wir mit dem eigenen Auto reisen und überwiegend campen wollten, war die Organisation diesmal denkbar einfach: Fährticket buchen, für An- und Rückreise in Italien, sowie die eine oder andere Nacht auf Korsika Hotel oder B&B finden und schon konnte es fast losgehen. 

Auch die Camping- und Wanderausrüstung war nahezu komplett; nur einen leichten, klein verpackbaren und doch warmen Daunenschlafsack besorgte ich mir noch, da wir eventuell auch mal „wild“ in den Bergen übernachten wollten und mein normaler Kunstfaserschlafsack im Rucksack immer ärgerlich viel Platz beanspruchte.

Anreise


Es ist jedes Mal wieder erstaunlich, wie viele Dinge dann doch zusammenkommen und irgendwie im Auto verstaut sein wollen, aber dank guter Vorbereitung hatten wir es recht flott geschafft und konnten an Günters erstem Urlaubstag - einem Freitag, um möglichst nicht mit dem Wochenendreiseverkehr zu kollidieren, - gegen 11.30 Uhr starten.

Über die A 96 und den Pfändertunnel ging es bald in die Schweiz und dann mit kurzem, kühlem Brotzeitstopp hinter Chur über den San Bernardino und Lugano nach Italien.

Für die erste Nacht hatten wir uns ein B&B in den Hügeln über Casale Monferrato ausgeguckt, einer hübschen kleinen Stadt am Po.

Die Zufahrt zum Landgut „Tenuta il Galletto“ war dank Navi schnell gefunden, aber für unseren Saab mit der nicht eben üppigen Bodenfreiheit schon leicht abenteuerlich.

Vor der Tür begrüßten uns gleich mal zwei Hunde mit lautem Gebell, was mir nach meiner noch ziemlich frischen Hundebiss-Erfahrung gar nicht gefiel, aber hier draußen fast zu erwarten war. Von der sehr herzlichen, noch recht jungen Hauswirtin erfuhren wir, dass wir in dieser Nacht ihre einzigen Gäste sein würden, am nächsten Tag aber eine große Hochzeit stattfinden sollte, für die schon die Vorbereitungen liefen.

Blick aus unserem Fenster im B&B "Tenuta il Galletto"

In unserem mit vielen Pferdemotiven ausstaffierten Zimmer stellten wir dann zunächst praktisch nur die Reisetasche ab und begaben uns nahtlos wieder nach Casale, wo wir im Accademia-Ristorante für den Abend reserviert hatten.

Obwohl wir uns auch hier von Google leiten ließen, liefen wir in der Fußgängerzone von Casale erst mal am Eingang vorbei, und als wir ihn dann schließlich entdeckt hatten, war uns auch klar wieso: Außer einer Speisekarte vor dem ansonsten unauffälligen Tor wies nichts auf das Restaurant hin, und um eingelassen zu werden musste man an einer normalen Haustürklingel läuten. Drinnen ging es dann erst einen imposanten Treppenaufgang hoch, der in einen Saal führte, in dem offenbar gelegentlich Kammerkonzerte stattfinden.

Eindrucksvoller Aufgang zum Accademia-Ristorante

Erst dahinter kamen wir schließlich ins Restaurant, wo wir schon erwartet wurden. Wir waren dann zwar die ersten Gäste des Abends, blieben aber nicht lange allein. Obwohl es so versteckt ist, scheint sich das Restaurant großer Beliebtheit zu erfreuen – und das mit Recht: Unser 4-Gänge-Menü schmeckte uns jedenfalls ganz hervorragend!

Zurück im B&B stellten wir schnell fest, dass die dünnen Laken als Zudecke für die doch schon recht frische Septembernacht sicher nicht ausreichen würden. Aber kein Problem für uns, waren wir doch zum Camping ausgerüstet. In unseren wärmenden Schlafsäcken genossen wir eine angenehm ruhige Nacht.

Nach dem typisch italienisch spartanischen Frühstück packten wir bald zusammen und überließen das „Tenuta il Galletto“ der Hochzeitsgesellschaft, die schon bald eintreffen sollte.

In Casale wollten wir unbedingt noch an den Po, den wir bis jetzt bei unseren Italienreisen eigentlich immer nur überquert hatten, aber noch nie wirklich besucht. Einfach war es hier aber auch nicht an den Fluss zu kommen, denn der einzige Weg, den wir fanden, eine zum Glück absolut ausgestorbene MTB-Strecke, führte die meiste Zeit durch dichten Auwald mit nur wenigen recht unspektakulären Ausblicken.

Fiume Po

Nach einem kurzen Rundgang durch die Altstadt von Casale ging es dann endgültig weiter Richtung Ligurien, ans Meer.

Markttag auf der Piazza Mazzini in Casale Monferrato

An der Küste angekommen steuerten wir zuerst Noli an, einen besonders malerischen kleinen Ort, den wir schon von früheren Aufenthalten in der Gegend kannten. Hier gönnten wir uns ein Eis am Strand und vertraten uns bei einer „kleinen“ Wanderung zu einem Aussichtspunkt auf der Manie-Hochebene die Beine.

Noli Ligure

Anschließend war es dann schon höchste Zeit, uns zum Fährhafen von Savona in Vado Ligure zu begeben und gegen 20 Uhr rollten wir aufs Schiff, wuchteten unsere viel zu fette Reisetasche (aus der wir sowieso das wenigste brauchten…) die engen Treppen hoch und bezogen unsere Kabine im Oberdeck.

Morgens schrillte nach einer viel zu kurzen Nacht schon um 5.45 Uhr wieder der Wecker, denn wir sollten schon um 7 Uhr in Bastia anlegen und die Kabinen mussten streng genommen bereits eine Stunde davor geräumt werden. Wahrscheinlich hätte aber auch eine halbe Stunde später locker gereicht, denn so saßen wir noch fast eine Stunde lang untätig auf der gepackten Reisetasche bis wir endlich aufs Auto-Deck und bald darauf von der Fähre rollen durften.

Asco-Tal


Gleich nach der Ankunft fuhren wir zügig nach Süden aus Bastia hinaus, wobei wir nach einem sonntags geöffneten Supermarkt Ausschau hielten. Da wir die nächsten Tage in den Bergen rund um Haut-Asco verbringen wollten, brauchten wir noch ein paar Essensvorräte. Doch hier in Bastia hatten sich wohl alle Läden darauf geeinigt erst um 8.30 Uhr zu öffnen. So setzten wir unseren Weg einfach fort (nach einem kleinen ungewollten Schlenker infolge von Orientierungsproblemen…) und hofften, dass der Supermarkt in Ponte Leccia ebenfalls einen Sonntagsdienst haben würde.

Hatte er zum Glück auch, sogar schon ab 8 Uhr, und im Café direkt nebenan gab es dann noch Cappuccino und Pain au Chocolat, was meine Laune, die zwischenzeitlich ziemlich in den Keller gerauscht war, wieder deutlich hob.



Gestärkt und frisch aufgetankt ging es dann weiter ins Asco-Tal und dort gleich bis zum Ende der Straße in Haut-Asco auf 1420 m Höhe. Nach einem weiteren Kaffee in der Chalet-Bar (hauptsächlich um die Toilettenbenutzung zu rechtfertigen ;) zogen wir im Auto die Wanderklamotten an und machten uns trotz dräuender Wolken auf zu unserer ersten Wanderung.

Bis zur Bocca di Stagno folgten wir hier dem GR 20, dem berühmten und, wie wir bald sehen würden, sehr beliebten korsischen Fernwanderweg. Anschließend wollten wir weiter zu einem kleinen Gipfel namens A Muvrella (2142 m).

Von Anfang an war der Weg ziemlich steil und felsig, bald kamen uns auch schon die ersten GR 20-Wanderer mit dicken Rucksäcken entgegen, überwiegend junge Leute, geschätzt im Schnitt Mitte 20. An diesem Sonntag war allerdings auch noch eine andere Kategorie Bergsportler vertreten: der eine oder andere schien hier auf Zeit über die Bocca zu laufen.

Noch ist der Blick Richtung Monte Cinto wolkenfrei...

Ab der Scharte hatten wir zunehmend Schwierigkeiten, den Weiterweg zu unserem Gipfel zu finden, da er kaum markiert war und mitunter an widersprüchlichen Stellen Steinmänner aufgeschichtet waren. Zudem blies hier auf der Nordseite des Passes ein heftiger kalter Wind, mit dem wir auf unserer Sonneninsel nicht wirklich gerechnet hatten.

...doch schon bald zieht es auch dort drüben zu.

 Zum Gipfel schafften wir es schließlich irgendwie doch, wobei der eine oder andere Felsbrocken überklettert sein wollte, und wir fanden auch ein windgeschütztes Fleckchen für eine kurze Rast.

Auf dem zugigen A Muvrella

Da wünscht man sich doch gleich wieder ans Meer...

Die folgenden Nächte wollten wir auf dem Campingplatz direkt hier im Tal verbringen und da wir nicht wussten, ob das Restaurant auf dem Platz geöffnet war, bemühten wir uns rechtzeitig um 14.30 Uhr wieder unten in Haut-Asco zu sein, ehe das Chalet-Restaurant seinen Mittags-Service beendete.

Steiler Abstieg nach Haut Asco (unten links)

Ganz knapp schafften wir es und bekamen tatsächlich noch Filet Mignon bzw. Korsischen Burger (mit Gänseleberpastete und Tomme-Käse) serviert, so dass wir anschließend satt und zufrieden im Auto die 400 Hm zum Campingplatz „MonteCinto“ hinabrollen konnten.

Auf dem einfachen aber gut geführten Platz suchten wir uns im weitläufigen Kiefernwald ein hübsches ebenes Plätzchen für unser Zelt.



Abends wurde es dann schon bald recht kühl, doch wir verspeisten trotzdem eisern unser Vesper am mitgebrachten Klapptisch, wenn wir auch etwas neidisch den wenigen anderen Gästen hinterherschauten, die praktisch geschlossen ins tatsächlich geöffnete Restaurant pilgerten.

Nach ruhiger, sternklarer, aber nicht allzu kalter Nacht (auch Günters Schlafsack war warm genug und mein neuer Daunenschlafsack sowieso J) kamen wir beide nicht recht aus dem Federn. Beim gemütlichen Frühstück um halb 10 wälzten wir den Wanderführer und entschieden uns für eine nicht allzu umfangreiche Wanderung in einem Seitental, die etwa 1 km weiter talwärts beim „Maison du Mufflon“ beginnt.

Das ganze Tassineta-Tal ist Mufflon-Schutzgebiet, aber bis zur „Bergerie de la Tassineta“ ist Wandern erlaubt und die unzähligen Steinmänner, die auch anschließend noch den Weg markieren, sprechen eine deutliche Sprache: zumindest in der Hauptsaison scheint sich niemand besonders um das Verbot zu scheren… Die Beschilderung und Markierung von offizieller Seite fanden wir allerdings auch schon bis zur Bergerie sehr spärlich und es gab unzählige Alternativrouten, insbesondere unten am Bach mit seinen vielen Gumpen, die im Hochsommer sicher zum Baden sehr einladend sind.

Wir stiegen also, nachdem wir unser Auto nahe der Brücke beim „Maison du Mufflon“ geparkt hatten, erst im Kiefernwald am Zaun (eines Mufflon-Geheges?) auf, ließen uns dann aber bald verlocken, über die Felsen am Bach weiterzugehen und die herrlich klaren Gumpen zu bewundern – wäre es nur ein bisschen wärmer gewesen, hätte ich dem einen oder anderen sicher nicht widerstehen können!



Später ging es dann zurück zum Hauptweg und wieder im Wald dahin bis wir nur allzu bald die Bergerie erreichten. Zunächst war uns gar nicht recht klar, ob die verfallenen Schuppen nun tatsächlich diese Bergerie sind oder waren. Einzig am jenseitigen Bachufer wies ein Schild darauf hin, dass man ab hier nicht weiterwandern solle. Wir schlugen dann einen anderen Pfad ein, obwohl wir uns schon darüber im Klaren waren, dass auch der eigentlich über verbotenes Terrain führte… Bald darauf konnten wir aber tatsächlich zweimal kurz hintereinander Mufflons entdecken, beim zweiten Mal sogar ganz in unserer Nähe.

Mufflon-Suchbild

Irgendwann schlug bei mir der Hunger zu und außerdem sah ich auch keinen rechten Sinn mehr im Weiterwandern, da es immerzu am Bach entlang durch Kiefernwald ging und keine Aussicht in Sicht war. So beschlossen wir, auf ein paar Felsen unser Mittagsvesper zu verspeisen und dann umzukehren.



Wie sich zeigte, war es dafür auch höchste Zeit: schon beim Essen gab es kaum mehr Sonne und zunehmend frischen Wind, und auf dem Rückweg begann es auf halber Strecke zu regnen, wenn auch zunächst nur ganz leicht und durch den Wald etwas gebremst.

Selbst im Regen sind die Gumpen noch sehenswert.

Zurück am Zelt blieben wir erst mal einfach im Auto sitzen und hofften auf besseres Wetter. Doch zunächst wurde es zunehmend schlimmer und wir konnten dabei zusehen wie sich ein See unter unserem Zelt bildete und nach und nach immer tiefer wurde. – Das schöne ebene Plätzchen war in Wirklichkeit wohl eher eine Kuhle gewesen... Irgendetwas mussten wir dagegen tun, dass unser Zelt komplett absoff, und so stürzte Günter sich hinaus in den prasselnden Regen und baggerte mit Hilfe eines Steins (ein Klappspaten wäre jetzt mal wieder praktisch gewesen…) ein paar Gräben aus, durch die tatsächlich ein Großteil des Wassers im Sturzbächen abfloss. Nur auf der Eingangsseite half alles nichts, und der Regen wollte einfach nicht nachlassen.

Zum Glück öffnete schon bald das kleine Campingplatz-Restaurant, wo wir große Teile des Nachmittags und Abends vor dem Heizstrahler verbrachten bei Milchkaffee und Abendessen (korsische Cannelloni mit Salat und zum Nachtisch Crème brûlée). Günter, der trotz Regenjacke ziemlich durchweicht gewesen war, konnte währenddessen nach und nach trocknen und bis wir mit Essen und Wein gemütlich fertig waren, hatte dann auch der Regen stark nachgelassen.

Die netten Campingplatz-Wirte boten uns einen Mietwohnwagen an – wir waren die einzigen Zeltbewohner an diesem Abend – , den wir auch gerne bezogen hätten, falls es die ganze Nacht weitergeschüttet hätte. Nachdem sich die Situation in unserem Zelt aber als erträglich erwies, zogen wir unser „Eigenes“ doch vor.

Bald hörte der Regen komplett auf und es dauerte nicht lange bis die ersten Sterne zum Vorschein kamen. Während Günter nun sofort optimistisch davon ausging, dass die geplante Monte-Cinto-Besteigung am folgenden Tag damit gerettet sei, hatte ich noch so meine Bedenken.

Am nächsten Morgen klingelte um 7 der von Günter vorsorglich gestellte Wecker und nach einem Blick aus dem Zelt war klar: heute geht’s auf den Cinto!

Bis 8.30 Uhr waren Frühstück (im Freien – brrr!) und sonstige morgendlichen Verrichtungen geschafft und mit dem Auto ging’s die 10 Minuten zum Parkplatz in Haut-Asco, wo wir direkt vor dem Ausgangspunkt der Wanderung das Auto abstellten.

"Wildlife" auf dem Weg nach Haut Asco

Zehn vor 9 marschierten wir los und merkten schon bald, dass wir wieder auf einem Abschnitt des GR 20 unterwegs waren: Mit uns stiegen unzählige Wanderer mit dicken Rucksäcken auf, die meisten davon Franzosen, aber auch andere Nationalitäten (auch einige Deutsche) waren darunter.

Zunächst war das Wetter bestens, fast keine Wolke trübte das Blau, wobei der Großteil des Aufstiegs morgens sowieso im Schatten lag. So steil wie es nach dem ersten gemütlichen Stück Weg durch Wald bis in ein Bachtal hinab dann gleich über Felsen und Geröll hinauf ging, teilweise sogar mit Ketten versichert, war das aber sicher kein Schaden.

Ab hier wird's steil!

Noch ist es fast wolkenlos und in der Sonne angenehm warm.

Nach 2 ½ h gönnten wir uns auf einer Hochfläche die erste längere Rast. 700 Hm hatten wir da schon geschafft, bis zum Pass, über den der GR 20 ins nächste Tal wechselt, lagen noch weitere 400 Hm vor uns und man konnte schon von hier sehen, dass dieser Teil eher unangenehm werden würde: Ab ca. 2300m Höhe war alles weiß überpudert mit Neuschnee vom Vorabend. Zudem zog es jetzt um Mittag zunehmend zu und ein eisiger Wind war aufgekommen.

Manche Wanderer sind noch arg leicht geschürzt... 
...für den ungemütlichen Teil des Aufstiegs.

So stiegen wir bald weiter, trotz Schnee und Eis ohne größere Probleme, nur einmal bekam ich an einer eisigen Stelle kurz Nervenflattern, aber auch diese ließ sich auf ein paar griffigen Steinen leicht umgehen. Dann, nach genau 4 h, waren wir am Pass, der zu einer Rast nicht wirklich einlud.

An der Bocca Crucetta -  selbst die Dohle mag nicht verweilen.

Außerdem wollten wir ja noch weiter zum Gipfel, der netto noch 200 m höher ist und, wie sich bald zeigte, einige deftige Gegenanstiege und sonstige Hindernisse bereithielt, durch die letztlich sicher 100 zusätzliche Höhenmeter dazukamen. Wir nahmen also nach kurzem Verschnaufen und Orientieren gleich den Weiterweg in Angriff, der erst nur leicht bergab in die Südseite des Monte Cinto zog…

Die allgegenwärtige GR 20-Markierung

Blick ins Nachbartal mit der Barrage de Calacuccia

Mehrere gewaltige Ab- und Wiederaufstiege, Vorgipfel, Beinahe-Nervenzusammenbrüche, nasse Felsquerungen und über 1 h  später hatten wir es dann endlich geschafft und standen auf dem Monte Cinto, dem mit 2710 m höchsten Punkt Korsikas!

Ganz oben...

...auf dem Dach Korsikas

Und auch das Wetter hatte ein Einsehen, denn in den Wolken taten sich noch einmal ein paar große Lücken auf, so dass wir die herrliche Aussicht genießen und mit viel Sonne im Windschatten von ein paar Felsen unsere Gipfel-Brotzeit verspeisen konnten. Für letztere war es jetzt, schon nach 2 Uhr nachmittags, allerhöchste Zeit. 

Doch der Abstieg, der uns hier voraussichtlich fast genauso lang beschäftigen würde wie der Aufstieg, also gut 5 Stunden, konnte auch nicht mehr allzu lang aufgeschoben werden.

Haut Asco ist von hier oben schrecklich weit...

So machten wir uns schon nach einer halben Stunde auf den langen beschwerlichen Weg.

Blick zurück zum Gipfel,
 im roten Kreis zwei andere Wanderer im Abstieg.

Lac du Cinto

Glücklicherweise hatten die Sonne und die GR-20-Karawane dafür gesorgt, dass Eis und Schnee inzwischen weitgehend vom Weg verschwunden waren. 

Abseits des Wegs gibt es durchaus noch eisige Flecken.

Lac d'Argentu

Trotzdem bremsten uns die diversen Kletterstellen jetzt im Abstieg jeweils genügend aus, dass sich am Ende die komplette Wanderung (inklusive Pausen) tatsächlich auf 10 ½ Stunden summierte.

Die Wolken hängen tief, aber noch besteht Hoffnung...

Als wir schon glaubten, das Schlimmste bald hinter uns zu haben und vielleicht sogar trocken ins Tal zu kommen, hielt der Wettergott noch einen speziellen Gruß für uns bereit: Ein kurzer Schneesturm und zwei Donnerschläge sollten uns wohl Beine machen, wobei die in der Folge nassen, glitschigen Felsen eher den gegenteiligen Effekt hatten.

... - leider vergebens! Jetzt sind die Ketten sehr willkommen.

Um genau 19.36 Uhr schließlich erreichten wir bei hereinbrechender Nacht, nachdem sich der Tag kurz zuvor mit einem schon nahezu unwirklich flammend roten Abendhimmel verabschiedet hatte, völlig geplättet wieder unser Auto.


Und eine halbe Stunde später gab’s im Camping-Restaurant Gnocchi, Spaghetti alla puttanesca und eine Flasche Rotwein.