Fotos: Günter Schmidt
Für diesen Herbst hatten wir uns fest vorgenommen, endlich
mal wieder einen richtigen Bergurlaub in den Alpen zu verbringen. Berge an und
knapp über der 4000-Meter-Marke, wie Piz Palü und Gran Paradiso waren angedacht
und auch das Zeitfenster zwischen dem 15.September und 3. Oktober war schon
fest.
Doch dann gab es Anfang September einen Kälteeinbruch, der in den Alpen bis
weit herunter Neuschnee brachte, und auch die weiteren Aussichten waren alles
andere als rosig.
Es musste also kurzfristig ein lohnendes Alternativziel her.
Korsika hatte uns schon früher mit seiner vielseitige
Landschaft fasziniert, und dadurch dass man hier, wenn man es darauf anlegt,
beides am selben Tag haben kann: Gebirge und Meer.
Stürmische Begrüßung: vor Bastia - 2013 |
Kontrastprogramm - auch so kann Korsika sein. Am Ninosee - Osterferien 2001 |
In der fraglichen Zeit war für die Insel allerbestes
Herbstwetter angesagt, da fiel uns die Entscheidung leicht, zumal wir hier
sowieso noch einige „Rechnungen“ offen hatten: Unser letzter Aufenthalt dort
vor knapp 4 Jahren hatte unter einem ganz besonders unseligen Stern gestanden,
uns beiden angerissene Bänder und zuletzt noch eine Autopanne beschert.
Austausch der Wasserpumpe im Hafen von Vado Ligure - 2013 |
Mit dem Wandern war es damals also nicht weit her gewesen
und das sollte nun unbedingt nachgeholt werden.
Da wir mit dem eigenen Auto reisen und überwiegend campen
wollten, war die Organisation diesmal denkbar einfach: Fährticket buchen, für
An- und Rückreise in Italien, sowie die eine oder andere Nacht auf Korsika
Hotel oder B&B finden und schon konnte es fast losgehen.
Auch die Camping-
und Wanderausrüstung war nahezu komplett; nur einen leichten, klein
verpackbaren und doch warmen Daunenschlafsack besorgte ich mir noch, da wir
eventuell auch mal „wild“ in den Bergen übernachten wollten und mein normaler
Kunstfaserschlafsack im Rucksack immer ärgerlich viel Platz beanspruchte.
Anreise
Es ist jedes Mal wieder erstaunlich, wie viele Dinge dann doch
zusammenkommen und irgendwie im Auto verstaut sein wollen, aber dank guter
Vorbereitung hatten wir es recht flott
geschafft und konnten an Günters erstem Urlaubstag - einem Freitag, um möglichst nicht mit dem Wochenendreiseverkehr zu kollidieren, - gegen 11.30 Uhr starten.
Über die A 96 und den Pfändertunnel ging es bald in die
Schweiz und dann mit kurzem, kühlem Brotzeitstopp hinter Chur über den San
Bernardino und Lugano nach Italien.
Für die erste Nacht hatten wir uns ein B&B in den Hügeln
über Casale Monferrato ausgeguckt, einer hübschen kleinen Stadt am Po.
Die Zufahrt zum Landgut „Tenuta il Galletto“ war dank Navi
schnell gefunden, aber für unseren Saab mit der nicht eben üppigen
Bodenfreiheit schon leicht abenteuerlich.
Vor der Tür begrüßten uns gleich mal zwei Hunde mit lautem
Gebell, was mir nach meiner noch ziemlich frischen Hundebiss-Erfahrung gar
nicht gefiel, aber hier draußen fast zu erwarten war. Von der sehr herzlichen,
noch recht jungen Hauswirtin erfuhren wir, dass wir in dieser Nacht ihre
einzigen Gäste sein würden, am nächsten Tag aber eine große Hochzeit
stattfinden sollte, für die schon die Vorbereitungen liefen.
Blick aus unserem Fenster im B&B "Tenuta il Galletto" |
In unserem mit vielen Pferdemotiven ausstaffierten Zimmer
stellten wir dann zunächst praktisch nur die Reisetasche ab und begaben uns
nahtlos wieder nach Casale, wo wir im Accademia-Ristorante für den Abend
reserviert hatten.
Obwohl wir uns auch hier von Google leiten ließen, liefen
wir in der Fußgängerzone von Casale erst mal am Eingang vorbei, und als wir ihn
dann schließlich entdeckt hatten, war uns auch klar wieso: Außer einer
Speisekarte vor dem ansonsten unauffälligen Tor wies nichts auf das Restaurant
hin, und um eingelassen zu werden musste man an einer normalen Haustürklingel
läuten. Drinnen ging es dann erst einen imposanten Treppenaufgang hoch, der in
einen Saal führte, in dem offenbar gelegentlich Kammerkonzerte stattfinden.
Eindrucksvoller Aufgang zum Accademia-Ristorante |
Erst dahinter kamen wir schließlich ins Restaurant, wo wir
schon erwartet wurden. Wir waren dann zwar die ersten Gäste des Abends, blieben
aber nicht lange allein. Obwohl es so versteckt ist, scheint sich das Restaurant
großer Beliebtheit zu erfreuen – und das mit Recht: Unser
4-Gänge-Menü schmeckte uns jedenfalls ganz hervorragend!
Zurück im B&B stellten wir schnell fest, dass die dünnen
Laken als Zudecke für die doch schon recht frische Septembernacht sicher nicht
ausreichen würden. Aber kein Problem für uns, waren wir doch zum Camping
ausgerüstet. In unseren wärmenden Schlafsäcken genossen wir eine angenehm
ruhige Nacht.
Nach dem typisch italienisch spartanischen Frühstück packten
wir bald zusammen und überließen das „Tenuta il Galletto“ der
Hochzeitsgesellschaft, die schon bald eintreffen sollte.
In Casale wollten wir unbedingt noch an den Po, den wir bis
jetzt bei unseren Italienreisen eigentlich immer nur überquert hatten, aber
noch nie wirklich besucht. Einfach war es hier aber auch nicht an den Fluss zu
kommen, denn der einzige Weg, den wir fanden, eine zum Glück absolut
ausgestorbene MTB-Strecke, führte die meiste Zeit durch dichten Auwald mit nur
wenigen recht unspektakulären Ausblicken.
Fiume Po |
Nach einem kurzen Rundgang durch die Altstadt von Casale ging
es dann endgültig weiter Richtung Ligurien, ans Meer.
Markttag auf der Piazza Mazzini in Casale Monferrato |
An der Küste angekommen steuerten wir zuerst Noli an, einen
besonders malerischen kleinen Ort, den wir schon von früheren Aufenthalten in
der Gegend kannten. Hier gönnten wir uns ein Eis am Strand und vertraten uns
bei einer „kleinen“ Wanderung zu einem Aussichtspunkt auf der Manie-Hochebene
die Beine.
Noli Ligure |
Anschließend war es dann schon höchste Zeit, uns zum
Fährhafen von Savona in Vado Ligure zu begeben und gegen 20 Uhr rollten wir
aufs Schiff, wuchteten unsere viel zu fette Reisetasche (aus der wir sowieso
das wenigste brauchten…) die engen Treppen hoch und bezogen unsere Kabine im
Oberdeck.
Morgens schrillte nach einer viel zu kurzen Nacht schon um 5.45
Uhr wieder der Wecker, denn wir sollten schon um 7 Uhr in Bastia anlegen und
die Kabinen mussten streng genommen bereits eine Stunde davor geräumt werden.
Wahrscheinlich hätte aber auch eine halbe Stunde später locker gereicht, denn
so saßen wir noch fast eine Stunde lang untätig auf der gepackten Reisetasche
bis wir endlich aufs Auto-Deck und bald darauf von der Fähre rollen durften.
Asco-Tal
Gleich nach der Ankunft fuhren wir zügig nach Süden aus Bastia hinaus, wobei
wir nach einem sonntags geöffneten Supermarkt Ausschau hielten. Da wir die
nächsten Tage in den Bergen rund um Haut-Asco verbringen wollten,
brauchten wir noch ein paar Essensvorräte. Doch hier in Bastia hatten sich wohl
alle Läden darauf geeinigt erst um 8.30 Uhr zu öffnen. So setzten wir unseren
Weg einfach fort (nach einem kleinen ungewollten Schlenker infolge von
Orientierungsproblemen…) und hofften, dass der Supermarkt in Ponte Leccia
ebenfalls einen Sonntagsdienst haben würde.
Hatte er zum Glück auch, sogar schon ab 8 Uhr, und im Café
direkt nebenan gab es dann noch Cappuccino und Pain au Chocolat, was meine
Laune, die zwischenzeitlich ziemlich in den Keller gerauscht war, wieder
deutlich hob.
Gestärkt und frisch aufgetankt ging es dann weiter ins
Asco-Tal und dort gleich bis zum Ende der Straße in Haut-Asco auf 1420 m Höhe.
Nach einem weiteren Kaffee in der Chalet-Bar (hauptsächlich um die Toilettenbenutzung
zu rechtfertigen ;) zogen wir im Auto die Wanderklamotten an und machten uns
trotz dräuender Wolken auf zu unserer ersten Wanderung.
Bis zur Bocca di Stagno folgten wir hier dem GR 20, dem
berühmten und, wie wir bald sehen würden, sehr beliebten korsischen Fernwanderweg.
Anschließend wollten wir weiter zu einem kleinen Gipfel namens A Muvrella (2142
m).
Von Anfang an war der Weg ziemlich steil und felsig, bald
kamen uns auch schon die ersten GR 20-Wanderer mit dicken Rucksäcken entgegen,
überwiegend junge Leute, geschätzt im Schnitt Mitte 20. An diesem Sonntag war
allerdings auch noch eine andere Kategorie Bergsportler vertreten: der eine
oder andere schien hier auf Zeit über die Bocca zu laufen.
Noch ist der Blick Richtung Monte Cinto wolkenfrei... |
Ab der Scharte hatten wir zunehmend Schwierigkeiten, den
Weiterweg zu unserem Gipfel zu finden, da er kaum markiert war und mitunter an
widersprüchlichen Stellen Steinmänner aufgeschichtet waren. Zudem blies hier
auf der Nordseite des Passes ein heftiger kalter Wind, mit dem wir auf unserer
Sonneninsel nicht wirklich gerechnet hatten.
...doch schon bald zieht es auch dort drüben zu. |
Auf dem zugigen A Muvrella |
Da wünscht man sich doch gleich wieder ans Meer... |
Die folgenden Nächte wollten wir auf dem Campingplatz direkt
hier im Tal verbringen und da wir nicht wussten, ob das Restaurant auf
dem Platz geöffnet war, bemühten wir uns rechtzeitig um 14.30 Uhr wieder unten
in Haut-Asco zu sein, ehe das Chalet-Restaurant seinen Mittags-Service
beendete.
Steiler Abstieg nach Haut Asco (unten links) |
Ganz knapp schafften wir es und bekamen tatsächlich noch Filet Mignon
bzw. Korsischen Burger (mit Gänseleberpastete und Tomme-Käse) serviert, so dass
wir anschließend satt und zufrieden im Auto die 400 Hm zum Campingplatz „MonteCinto“ hinabrollen konnten.
Auf dem einfachen aber gut geführten Platz suchten wir uns
im weitläufigen Kiefernwald ein hübsches ebenes Plätzchen für unser Zelt.
Abends wurde es dann schon bald recht kühl, doch wir
verspeisten trotzdem eisern unser Vesper am mitgebrachten Klapptisch, wenn wir
auch etwas neidisch den wenigen anderen Gästen hinterherschauten, die praktisch
geschlossen ins tatsächlich geöffnete Restaurant pilgerten.
Nach ruhiger, sternklarer, aber nicht allzu kalter Nacht
(auch Günters Schlafsack war warm genug und mein neuer Daunenschlafsack sowieso
J) kamen wir beide nicht
recht aus dem Federn. Beim gemütlichen Frühstück um halb 10 wälzten wir den
Wanderführer und entschieden uns für eine nicht allzu umfangreiche Wanderung in
einem Seitental, die etwa 1 km weiter talwärts beim „Maison du Mufflon“
beginnt.
Das ganze Tassineta-Tal ist Mufflon-Schutzgebiet, aber bis
zur „Bergerie de la Tassineta“ ist Wandern erlaubt und die unzähligen
Steinmänner, die auch anschließend noch den Weg markieren, sprechen eine
deutliche Sprache: zumindest in der Hauptsaison scheint sich niemand besonders
um das Verbot zu scheren… Die Beschilderung und Markierung von offizieller
Seite fanden wir allerdings auch schon bis zur Bergerie sehr spärlich und es
gab unzählige Alternativrouten, insbesondere unten am Bach mit seinen vielen
Gumpen, die im Hochsommer sicher zum Baden sehr einladend sind.
Wir stiegen also, nachdem wir unser Auto nahe der Brücke
beim „Maison du Mufflon“ geparkt hatten, erst im Kiefernwald am Zaun (eines
Mufflon-Geheges?) auf, ließen uns dann aber bald verlocken, über die Felsen am
Bach weiterzugehen und die herrlich klaren Gumpen zu bewundern – wäre es nur ein bisschen wärmer gewesen, hätte ich dem einen oder
anderen sicher nicht widerstehen können!
Später ging es dann zurück zum Hauptweg und wieder im Wald
dahin bis wir nur allzu bald die Bergerie erreichten. Zunächst war uns gar
nicht recht klar, ob die verfallenen Schuppen nun tatsächlich diese Bergerie
sind oder waren. Einzig am jenseitigen Bachufer wies ein Schild darauf hin,
dass man ab hier nicht weiterwandern solle. Wir schlugen dann einen anderen
Pfad ein, obwohl wir uns schon darüber im Klaren waren, dass auch der
eigentlich über verbotenes Terrain führte… Bald darauf konnten wir aber
tatsächlich zweimal kurz hintereinander Mufflons entdecken, beim zweiten Mal
sogar ganz in unserer Nähe.
Mufflon-Suchbild |
Irgendwann schlug bei mir der Hunger zu und außerdem sah ich
auch keinen rechten Sinn mehr im Weiterwandern, da es immerzu am Bach entlang
durch Kiefernwald ging und keine Aussicht in Sicht war. So beschlossen wir, auf
ein paar Felsen unser Mittagsvesper zu verspeisen und dann umzukehren.
Wie sich zeigte, war es dafür auch höchste Zeit: schon beim
Essen gab es kaum mehr Sonne und zunehmend frischen Wind, und auf dem Rückweg
begann es auf halber Strecke zu regnen, wenn auch zunächst nur ganz leicht und
durch den Wald etwas gebremst.
Selbst im Regen sind die Gumpen noch sehenswert. |
Zurück am Zelt blieben wir erst mal einfach im Auto sitzen
und hofften auf besseres Wetter. Doch zunächst wurde es zunehmend schlimmer und
wir konnten dabei zusehen wie sich ein See unter unserem Zelt bildete und nach
und nach immer tiefer wurde. – Das schöne ebene Plätzchen war in Wirklichkeit
wohl eher eine Kuhle gewesen... Irgendetwas mussten wir dagegen tun, dass unser
Zelt komplett absoff, und so stürzte Günter sich hinaus in den prasselnden
Regen und baggerte mit Hilfe eines Steins (ein Klappspaten wäre jetzt mal
wieder praktisch gewesen…) ein paar Gräben aus, durch die tatsächlich ein
Großteil des Wassers im Sturzbächen abfloss. Nur auf der Eingangsseite half
alles nichts, und der Regen wollte einfach nicht nachlassen.
Zum Glück öffnete schon bald das kleine
Campingplatz-Restaurant, wo wir große Teile des Nachmittags und Abends vor dem
Heizstrahler verbrachten bei Milchkaffee und Abendessen (korsische Cannelloni
mit Salat und zum Nachtisch Crème brûlée). Günter, der trotz Regenjacke
ziemlich durchweicht gewesen war, konnte währenddessen nach und nach trocknen
und bis wir mit Essen und Wein gemütlich fertig waren, hatte dann auch der
Regen stark nachgelassen.
Die netten Campingplatz-Wirte boten uns einen Mietwohnwagen
an – wir waren die einzigen Zeltbewohner an diesem Abend – , den wir auch gerne
bezogen hätten, falls es die ganze Nacht weitergeschüttet hätte. Nachdem sich
die Situation in unserem Zelt aber als erträglich erwies, zogen wir unser
„Eigenes“ doch vor.
Bald hörte der Regen komplett auf und es dauerte nicht
lange bis die ersten Sterne zum Vorschein kamen. Während Günter nun sofort
optimistisch davon ausging, dass die geplante Monte-Cinto-Besteigung am
folgenden Tag damit gerettet sei, hatte ich noch so meine Bedenken.
Am nächsten Morgen klingelte um 7 der von Günter vorsorglich gestellte
Wecker und nach einem Blick aus dem Zelt war klar: heute geht’s auf den Cinto!
Bis 8.30 Uhr waren Frühstück (im Freien – brrr!) und
sonstige morgendlichen Verrichtungen geschafft und mit dem Auto ging’s die 10
Minuten zum Parkplatz in Haut-Asco, wo wir direkt vor dem Ausgangspunkt der
Wanderung das Auto abstellten.
"Wildlife" auf dem Weg nach Haut Asco |
Zehn vor 9 marschierten wir los und merkten schon bald, dass
wir wieder auf einem Abschnitt des GR 20 unterwegs waren: Mit uns stiegen
unzählige Wanderer mit dicken Rucksäcken auf, die meisten davon Franzosen, aber
auch andere Nationalitäten (auch einige Deutsche) waren darunter.
Zunächst war das Wetter bestens, fast keine Wolke trübte das
Blau, wobei der Großteil des Aufstiegs morgens sowieso im Schatten lag. So
steil wie es nach dem ersten gemütlichen Stück Weg durch Wald bis in ein
Bachtal hinab dann gleich über Felsen und Geröll hinauf ging, teilweise sogar mit
Ketten versichert, war das aber sicher kein Schaden.
Ab hier wird's steil! |
Noch ist es fast wolkenlos und in der Sonne angenehm warm. |
Nach 2 ½ h gönnten wir uns auf einer Hochfläche die erste
längere Rast. 700 Hm hatten wir da schon geschafft, bis zum Pass, über den der
GR 20 ins nächste Tal wechselt, lagen noch weitere 400 Hm vor uns und man
konnte schon von hier sehen, dass dieser Teil eher unangenehm werden würde: Ab
ca. 2300m Höhe war alles weiß überpudert mit Neuschnee vom Vorabend. Zudem zog
es jetzt um Mittag zunehmend zu und ein eisiger Wind war aufgekommen.
Manche Wanderer sind noch arg leicht geschürzt... |
...für den ungemütlichen Teil des Aufstiegs. |
So stiegen wir bald weiter, trotz Schnee und Eis ohne größere
Probleme, nur einmal bekam ich an einer eisigen Stelle kurz Nervenflattern,
aber auch diese ließ sich auf ein paar griffigen Steinen leicht umgehen. Dann,
nach genau 4 h, waren wir am Pass, der zu einer Rast nicht wirklich einlud.
An der Bocca Crucetta - selbst die Dohle mag nicht verweilen. |
Außerdem wollten wir ja noch weiter zum Gipfel, der netto
noch 200 m höher ist und, wie sich bald zeigte, einige deftige Gegenanstiege
und sonstige Hindernisse bereithielt, durch die letztlich sicher 100
zusätzliche Höhenmeter dazukamen. Wir nahmen also
nach kurzem Verschnaufen und Orientieren gleich den Weiterweg in Angriff, der
erst nur leicht bergab in die Südseite des Monte Cinto zog…
Die allgegenwärtige GR 20-Markierung |
Blick ins Nachbartal mit der Barrage de Calacuccia |
Mehrere gewaltige Ab- und Wiederaufstiege, Vorgipfel,
Beinahe-Nervenzusammenbrüche, nasse Felsquerungen und über 1 h später hatten wir es dann endlich geschafft
und standen auf dem Monte Cinto, dem mit 2710 m höchsten Punkt Korsikas!
Ganz oben... |
...auf dem Dach Korsikas |
Und auch das Wetter hatte ein Einsehen, denn in den Wolken
taten sich noch einmal ein paar große Lücken auf, so dass wir die herrliche
Aussicht genießen und mit viel Sonne im Windschatten von ein paar Felsen unsere
Gipfel-Brotzeit verspeisen konnten. Für letztere war es jetzt, schon nach 2 Uhr
nachmittags, allerhöchste Zeit.
Doch der Abstieg, der uns hier voraussichtlich fast genauso
lang beschäftigen würde wie der Aufstieg, also gut 5 Stunden, konnte auch nicht
mehr allzu lang aufgeschoben werden.
Haut Asco ist von hier oben schrecklich weit... |
So machten wir uns schon nach einer halben Stunde auf den
langen beschwerlichen Weg.
Blick zurück zum Gipfel, im roten Kreis zwei andere Wanderer im Abstieg. |
Lac du Cinto |
Glücklicherweise hatten die Sonne und die
GR-20-Karawane dafür gesorgt, dass Eis und Schnee inzwischen weitgehend vom Weg
verschwunden waren.
Abseits des Wegs gibt es durchaus noch eisige Flecken. |
Lac d'Argentu |
Trotzdem bremsten uns die diversen Kletterstellen jetzt im
Abstieg jeweils genügend aus, dass sich am Ende die komplette Wanderung (inklusive Pausen) tatsächlich auf 10 ½ Stunden summierte.
Die Wolken hängen tief, aber noch besteht Hoffnung... |
Als wir schon glaubten, das Schlimmste bald hinter uns zu
haben und vielleicht sogar trocken ins Tal zu kommen, hielt der Wettergott noch
einen speziellen Gruß für uns bereit: Ein kurzer Schneesturm und zwei
Donnerschläge sollten uns wohl Beine machen, wobei die in der Folge nassen,
glitschigen Felsen eher den gegenteiligen Effekt hatten.
... - leider vergebens! Jetzt sind die Ketten sehr willkommen. |
Um genau 19.36 Uhr schließlich erreichten wir bei
hereinbrechender Nacht, nachdem sich der Tag kurz zuvor mit einem schon nahezu
unwirklich flammend roten Abendhimmel verabschiedet hatte, völlig geplättet wieder
unser Auto.
Und eine halbe Stunde später gab’s im Camping-Restaurant
Gnocchi, Spaghetti alla puttanesca und eine Flasche Rotwein.